„Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an?“ (Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft)

Ausgehend von intensiven Recherchen zum soziokulturellen Gedächtnis der Deutschen vor und nach dem Einschnitt des zweiten Weltkriegs entstand eine dystopischsatirische Science-Fiction-Erzählung, in der unterschiedliche Formen utopischer Heilsversprechen des 19. und 20. Jahrhunderts aufeinandertreffen. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Motiv des Weltraums in Literatur und Musik, von Arnold Schönberg über Karlheinz Stockhausen bis hin zum esoterischen New-Age-Kitsch der 1980er Jahre. Die prophetisch postmoderne Lyrik Nietzsches und die monumentalische Rhetorik der DDR-Propaganda treffen auf Schlager aus dem Wunschkonzert der Wehrmacht von 1941.

Das Collagieren von Archivmaterial und Fiktion, die Zusammenführung historischer Diskontinuitäten und Widersprüche zu einer ästhetisch kohärenten Geschichte emuliert den psychosozialen Prozess der „Geschichtswerdung“, in dem sich die widersprüchlichen Schicksale der Individuen zu einer als Geschichte bezeichneten großen Erzählung des Kollektivs zusammenfügen. Dabei ist das kollektive Gedächtnis, um dessen Hoheitsrecht in Kunst und Kultur ein Kampf ausgetragen wird, immer ein Kompromiss, eine Amalgamierung gegensätzlicher Sichtweisen und Ästhetiken, eine Erzählung, die stets mehr dem Zusammenhalt einer Gruppe dient, als der Wahrheit im wissenschaftlichen Sinne. Der Autor des Hörspiels war in seiner Vorgehensweise vor allem inspiriert von Nietzsches Schlüsseltext Über den Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben und den Schriften der SoziologInnen Jan und Aleida Assmann über das kollektive Gedächtnis.

Neben dem 43-minütigen Hörspiel, das Max Lange geschrieben und produziert hat, ist in Zusammenarbeit mit der Grafikerin Bárbara Acevedo Strange ein 30-seitiges Booklet entstanden, das die Quellen des Hörspiels offenlegt und die künstlerische Arbeit theoretisch erweitert. Zudem entstanden mehrere Videoarbeiten, die an den Kosmos der Geschichte anschließen.

Link zum Hörspiel

Weitere Vordiplome und Diplome